Die private Altersvorsorge nimmt in Deutschland mittlerweile einen sehr hohen Stellenwert ein. Zum einen ist das Rentenniveau in den vergangenen Jahrzehnten weiter abgesunken. Zum anderen sorgen in vielen Branchen relativ niedrige Löhne dafür, dass die ehemaligen Arbeitnehmer im Rentenalter nur eine vergleichsweise geringe gesetzliche Rente erhalten. Daher muss ein immer größerer Teil der späteren Versorgung durch eine private Altersvorsorge finanziert werden.
Manchen Bürgern reicht es allerdings nicht aus, ab ihrem Regelrenteneintrittsalter von 67 Jahren abgesichert zu sein. Vor allem aufgrund des im internationalen Vergleichs hohen Renteneintrittsalters stellen sich immer mehr Bürger die Frage, ob man es nicht schaffen könnte, zehn Jahre früher in Rente zu gehen. Wir möchten in unserem Beitrag versuchen, diese Frage zu beantworten.
10 Jahre früher in Rente: diese Fragen müssen Sie beantworten
Falls auch Sie mit dem Gedanken spielen, nicht bis zum Regelrenteneintrittsalter von 67 Jahren mit dem Ruhestand zu warten, sondern vielleicht schon zehn Jahre eher in Rente zu gehen, müssen Sie zuvor einige Fragen beantworten können. Der frühere Renteneintritt ist nur möglich, wenn Sie die Zeit bis zur ersten Zahlung der gesetzlichen Rente durch finanzielle Rücklagen überbrücken. Insbesondere die folgenden Fragen sind in dem Zusammenhang wichtig:
- Welche monatlichen Einnahmen möchte ich ab dem Ruhestand haben?
- Wie lange habe ich Zeit zum ansparen?
- Welche gesetzliche Rente kann ich ab 67 erwarten?
- Wie groß ist meine voraussichtliche Versorgungslücke ab 67?
- Wie lange soll die Rente später reichen?
- Wie viel Kapital benötige ich ab 57 Jahren?
- Welche monatliche Rate muss ich ab sofort sparen?
Was zunächst etwas kompliziert klingt, ist im Grunde aufeinander aufbauend. Wie Sie Schritt für Schritt der Antwort auf die Frage näher kommen, ob es für Sie persönlich realistisch wäre, schon zehn Jahre früher in Rente zu gehen, möchten wir folgenden Beitrag näher erläutern.
Planung für das 57. bis 67. Lebensjahr: monatliches Einkommen definieren
Bei den folgenden Ausführungen und Berechnungen gehen wir davon aus, dass Sie zum Ziel haben, zehn Jahre früher in Rente zu gehen, also mit 57 Jahren. Zunächst einmal müssen Sie definieren, mit welchem Einkommen Sie ab dem 57. Lebensjahr bis zu Ihrem Lebensende monatlich auskommen können und möchten. Diese Frage erscheint vielen Verbrauchern bereits schwer, da man beispielsweise mit 35 Jahren nur schwer einschätzen kann, welche Ausgaben man mit 57 oder 67 Jahren pro Monat hat. Daher ist es meistens eine gute Orientierungshilfe, das aktuelle Nettoeinkommen als Basis zu nehmen. Aus diesem Grund gehen wir an dieser Stelle davon aus, dass Sie ab dem 57. Lebensjahr und damit Ihrem vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand monatlich gerne über mindestens 1.800 Euro verfügen möchten.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Sie während Ihres Arbeitslebens möglichst frühzeitig mit dem regelmäßigen Sparen beginnen. Dazu müssen Sie wissen, welche Kapitalsumme Sie ab dem 57. bis zum 67. Lebensjahr benötigen, um daraus Monat für Monat 1.800 Euro an Rente ziehen zu können. Die Berechnung ist relativ einfach, denn Sie müssen lediglich die monatlich gewünschten Einnahmen mit der Anzahl der Jahre multiplizieren, in denen das Budget ausgezahlt werden soll. Diese Rechnung lautet daher in unserem Beispiel wie folgt:
1.800 (Euro) * 12 (Monate) * 10 (Jahre) = 216.000 Euro
Dabei handelt es sich natürlich nur um den Kapitalbetrag, der die gewünschten Einnahmen zwischen dem 57. und dem 67. Lebensjahr abdeckt.
Planung ab dem 67. Lebensjahr: gesetzliche Rente plus private Vorsorge
Ab dem 67. Lebensjahr brauchen Sie weiteres Kapital, dass Sie in Form einer privaten Altersvorsorge zur Verfügung haben müssen. Die gesetzliche Rente wird nämlich voraussichtlich kaum ausreichen, um das geplante monatliche Budget von 1.800 Euro (in unserem Beispiel) abdecken zu können. Damit Sie kalkulieren können, welche Kapitalsumme Sie ab dem 67. Lebensjahr zusätzlich benötigen, sind zwei Angaben wichtig:
- Versorgungslücke
- Bis wann soll die Rente prinzipiell reichen?
Die Versorgungslücke lässt sich relativ einfach ermitteln. Sie subtrahieren einfach von Ihrem gewünschten Monatsbudget, also von 1.800 Euro die gesetzliche Rente, die Sie laut Ihrer jährlichen Renteninformation voraussichtlich ab dem 67. Lebensjahr erhalten werden. Beläuft sich diese zum Beispiel auf 1.100 Euro, würde Ihre zu finanzierende Versorgungslücke 700 Euro betragen.
Die zweite Frage lässt sich auf Anhieb nur sehr schwer oder gar nicht beantworten. Woher sollen Sie wissen, wie lange die private Rente und damit Ihre monatlich geplanten Einnahmen reichen sollen? Dazu müssten Sie nämlich wissen, in welchem Jahr Sie sterben werden. Aus dem Grund funktioniert es auch an dieser Stelle nur mit einer Kalkulation und einer möglichst realistischen Einschätzung, die dann allerdings von der Realität durchaus abweichen kann.
Ein Orientierungspunkt ist sicherlich die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland, die bei knapp 80 Jahren liegt. In unserem Beispiel kalkulieren wir daher damit, dass die private Vorsorge ab Ihrem 67. Lebensjahr noch 12 Jahre reichen muss. Die gesetzliche Rente wird ohnehin automatisch bis an Ihr Lebensende gezahlt. Auf Grundlage dieser Angaben können Sie dann die Kapitalsumme ermitteln, die Sie zwischen Ihrem 67. und dem 79. Lebensjahr benötigen, nämlich:
700 Euro (Versorgungslücke) * 12 (Monate) * 12 (Jahre) = 100.800 Euro
Nun haben Sie bereits zwei wichtige Zahlen ermittelt, um später berechnen zu können, wie hoch die monatliche Sparrate sein müsste und damit abzuschätzen zu können, ob zehn Jahre früher in Rente gehen für Sie ein Wunschtraum bleibt oder ein realistisches Vorhaben sein kann.
Spardauer und Rendite des Sparplans als weitere Zahlen
Um die abschließende Berechnung der monatlichen Rate durchzuführen, benötigen Sie noch zwei weitere Zahlen. Zum einen ist dies die Spardauer. Diese lässt sich einfach ermitteln. Können Sie ab sofort mit dem Aufbau einer privaten Altersvorsorge beginnen, so würde die Spardauer beispielsweise 27 Jahre betragen, wenn wir davon ausgehen, dass Sie aktuell 30 Jahre alt sind. Die 27 Jahre ergeben sich schlichtweg aus der Differenz zwischen Ihrem geplanten Eintritt in den Vorruhestand (57 Jahre) und Ihrem aktuellen Alter.
Darüber hinaus müssen Sie zumindest die vermutliche Rendite des Sparplans kalkulieren, für den Sie sich zum Vermögensaufbau entscheiden. Hier kommt es vor allem auf die Wahl des Sparvertrages an, denn die Renditen bewegen sich je nach Produkt in einem größeren Rahmen zwischen knapp über zwei bis hin zu mehr als sieben Prozent im Jahr. Für die folgende Beispielrechnung nehmen wir eine durchschnittliche Rendite von 5,5 Prozent pro Jahr an. Nun haben wir alle Daten zusammen, um im Abschluss die monatliche Sparrate zu berechnen, die ausreichen würde, damit Sie tatsächlich zehn Jahre früher als normal in den Ruhestand eintreten können.
Abschließende Beispielrechnung: Sparrate ermitteln
Für unsere abschließende Beispielrechnung möchte noch einmal alle relevanten Zahlen zusammenfassen, die Sie für die Ermittlung benötigen:
Kapitalbedarf 57. bis 67. Lebensjahr: 216.000 Euro
Kapitalbedarf vom 67. bis zum 79. Lebensjahr: 100.800 Euro
Spardauer: 27 Jahre
Rendite Sparvertrag: 5,5 Prozent
Mit diesen Angaben können Sie nun mithilfe eines Sparplan-Rechners, den Sie auf verschiedenen Webseiten online finden, die notwendige Sparrate ermitteln. In unserem Beispiel würde sich diese auf monatlich knapp 440 Euro belaufen. Wenn Sie nun die zuvor genannten Beispielzahlen durch Ihre persönlich zutreffenden Daten und Zahlen ersetzen, können Sie auf diese Weise ermitteln, wie hoch Ihre persönliche Sparrate ausfallen müsste. Dann können Sie vermutlich einschätzen, ob Sie sich diesen monatlichen Sparbeitrag und damit die frühe Rente mit 57 Jahren leisten können oder nicht.